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Das Gutachten & mehr - Comicz Nachlese Frühjahr´22

 


 

comics 02 22 Marlene Dietrich

Das Gutachten

Jennifer Daniel / Carlsen

Dies vorneweg - es wäre verdient, wenn der Max und Moritz-Preis für das beste deutschsprachige Comic - trotz Konkurrenz durch die befreundete Kollegin Birgit Weyhe (mit Rude Girl) oder das ebenfalls in der deutschen Nachkriegszeit spielende Parallel von Matthias Lehmann - in diesem Jahr an Das Gutachten von Jennifer Daniel ginge. Die 1986 in Bonn geborene Grafikdesignerin, Illustratorin und Dozentin war bereits 2014 in Erlangen nominiert (für ihr Debüt Earth Unplugged), nun schafft sie es, aus einer der Fotosammlung ihres Großvaters entsprungenen Idee, nicht nur einen spannenden Heimatkrimi zu entwickeln, sondern auch viel über die bundesdeutsche Nachkriegsgesellschaft im bewegten Sommer 1977, kurz vor dem `Deutschen Herbst´, zu erzählen: "Bei Gala und Soirée zeigt sich Bonn von seiner schönsten Seite." Am Tag des Kanzlerfests bei Helmut & Loki Schmidt kommt auf einer nahegelegenen Straße bei Bonn aber auch die junge RAF-Sympathisantin Miriam Becker zu Tode - ein Verkehrsunfall. Doch vom Verursacher fehlt jede Spur. Der Rechtsmediziner Herr Martin stellt bald eigene Nachforschungen an - offenbar (denn so genau wissen es die Leserinnen & Leser noch nicht), auch aus ganz persönlichen Gründen. Erzählerisch beeindruckend und grafisch stimmig reduziert hält die Autorin die Story am Laufen und fängt die Schauplätze mit liebevollem Blick fürs (insbesondere automobile und architektonische) Detail ein. Jennifer Daniel zeichnet darüberhinaus ein genaues und empathisches Portrait von Karl Martin, diesem vom Leben gezeichneten Suchenden nach Verantwortung und Gerechtigkeit - im letzten Sommer seines Lebens.

* www.carlsen.de

 TIPP
 

comics 02 22 Marlene Dietrich

Gutachter Martins letzter Sommer.

comics 02 22 Marlene Dietrich

Popeye

E.C. Segar / Carlsen

Elzie Crisler Segar verstarb bereits 1938, mit erst Mitte vierzig. Sein Name wurde über einen begrenzten Zirkel von Comic-Schaffenden hinaus kaum zum Begriff, auch wenn Größen wie Charles M. Schulz, Robert Crumb oder Carl Barks ihn vereehrten. Segars bekannteste Figur wurde allerdings weltberühmt: Popeye, dieser von maritim-proletarischem Flair umwehte Seemann, seines Zeichens Muskelpaket mit Anker-Oberarm-Tattoo, pfeiferauchender Spinatliebhaber und einäugiger Verehrer der so einfachen wie liebreizenden Olive (Oil). Mit anarchischem "I yam what I yam!"-Slapstick-Humor wurde der Zeitungsstrip seit den 30ern immer bekannter - Merchandising, Fernsehserien und Kinofilme folgten. In der mit Liebe kuratierten Comic-Klassiker-Bibliothek beim Carlsen-Verlag (bislang dort u.a. unser aller Hägar) sind nun auf rund 260 Seiten im Querformat drei lange Abenteuer in deutscher Übersetzung erschienen - fein verpackt in einen Hochkant-Schuber und auch eigenwillig wie der Held im Inneren des Bandes. In den fundierten Intro- & Outro-Texten (Alexander Braun/Ralph Trommer) werden jüdische (und andere) Stereotypen (bei einigen der Nebenfiguren) eingeordnet (dabei war Elzie Segar selbst Jude) und das lebendig-kauzige Figurenensemble der Episoden vorgestellt. Und - Tipp am Rande - auf Seite 162ff kann man einen frühen Marsupilami-Vorfahren bestaunen: Eugene, den Jeep. Abschließend noch ein Zitat zum Markenkern: Art Spiegelman:"Popeye ist einer, der sich nicht unterkriegen lässt, von nix und niemand." * www.carlsen.de * www.carlsencomics.de

 
 

comics 02 22 Marlene Dietrich

Spinat formte diesen Traumkörper!

 

 

spirou 1940-1951

Jijé / Carlsen

Und noch ein Klassiker. Die Figur des weltberühmten, rot uniformierten Pagen ging im Lauf ihrer mittlerweile fast 85-jährigen Historie durch diverse Zeichner- und Autorenhände (u.a. natürlich durch die des Meisters aller franko-belgischen Klassen, André Franquin).

Bei Carlsen hatte man ja bereits einen ersten Band der Periode des Spirou-Schöpfers gewidmet, des Franzosen Robert Veller, der als Rob-Vel zeichnete. Als dieser in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet, sprang statt seiner der Belgier Joseph Gillain alias Jijé (u.a. JerrySpring) ursprünglich nur für die damals unterbrochene Geschichte ein, seine erste Spirou-Seite erschien am 24. Oktober 1940. Nach März 1941 gab Jijé die Serie wieder ab, bis er 1943 erneut übernahm.

Bis 1951 brachte Jijé dann zwar mit `nur´ circa 150 Seiten mengenmäßig weniger Strips als sein Vorgänger oder die meisten seiner Nachfolger zu Papier. Hinzuzurechnen sind allerdings weitere Cover, Illustrationen, Werbematerialien und Merchandise-Artikel, die hier ebenfalls gewürdigt werden und für den vorbildlichen bibliographischen Teil des Bandes (Christelle & Bertrand Pissavy-Yvernault) das Salz in der Suppe sind.

Und: Jijés Bedeutung als Mentor für den ihm bereits bei Spirou ab 1946 sporadisch unter die Arme greifenden Franquin (ferner für Lucky Luke-Schöpfer Morris) kann ebenfalls kaum zu hoch eingeschätzt werden - eine Erfolgsgeschichte innerhalb des (franko-) belgischen Comics. Wohl auch, weil sich Jijé, anders als manche seiner Kollegen, stets eine gewisse Lockerheit zu bewahren in der Lage war:

"Ich habe diesen Beruf nie so richtig ernst genommen. Ich habe ihn nie als meinen Lebenszweck betrachtet, sondern eher als eines der angenehmsten Mittel, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen.“

Alfonz-Mastermind Volker Hamann steuert hier noch gegen Ende eine Seite zu den Spuren von Jijés Spirou in deutschen Comic-Publikationen wie Der heitere Fridolin (erst ab 1958) bei.

* www.carlsen.de

 
 

comics 04 22 Spirou Classic 1

Spirou klassisch - die Jijé-Periode,nach..

Rob-Vel: Spirou

...der vorausgegangenen von Rob-Vel.


kein anderer

R.Kikuo Johnson / Reprodukt

Aloha und willkommen im hawaiianischen Alltag abseits von Hula-Südsee-Postkartenidylle und Hawaii-Fünf-Null- oder Magnum-TV-Nostalgie. Charlene hätte schon als alleinerziehende Mutter des kleinen Brandon und Krankenschwester in der Notaufnahme genug um die Ohren , muss aber zu Hause auch noch ihren dementen Vater pflegen. Als der alte Mann stirbt, ausgerutscht auf einer Decke, die der kleine Junge im Trotz auf die Treppe geworfen hat, kündigt Charlene, die die letzten sieben Jahre "kein Leben hatte". Sie ackert rund um die Uhr für die Zulassungsprüfung zum Medizinstudium und vernachlässigt neben dem Haushalt auch Brandon, der sich hauptsächlich um seine verschwundene Katze Batman sorgt. Auch die Ankunft ihres lange abwesenden, einst im Zwist mit dem Vater geschiedenen Bruders Robbie, Amateur-Musiker & Lebenskünstler, im Vorfeld der Beerdigung führt zu keiner zwischenmenschlichen Verbesserung untereinander. Die Ignoranz und Lieblosigkeit der an allen Fronten überforderten Kleinfamilie schildert der für seine The New Yorker-Titelbilder bekannte Hawaiianer R. Kikuo Johnson (*1981) einfühlsam, ohne zu urteilen. Der rund 100 Seiten im Querformat umfassende Comic Kein Anderer schafft es trotz reduziertem Ligne Claire-Stil auch wegen einer schlüssigen Farbdramaturgie wie nebenbei viel über den Schauplatz zu vermitteln. Orange heben sich Schlüsselelemente von den Grautönen der Erzählung ab: die Erinnerungen Robbies an den gewalttätigen Vater, die angezündeten Zuckerrohrfelder - Menetekel für den Strukturwandel im Archipel - die verhängnisvolle Decke, für 2 Dollar verklappt auf dem Garagenflohmarkt und am Ende Brandons Erbrochenes, als das heimgekehrte Batgirl Katzenjunge in seinem Schlafsack gebiert.  Johnson lässt all diesen Details die Zuwendung zukommen, die seine Protagonisten vermissen - und vermissen lassen. * www.reprodukt.com

TIPP
 

comics 02 22 Marlene DietrichStrukturwandel & Vereinzelung auf - Hawaii.

raven - II - Höllische Gefilde

Mathieu Lauffray / Carlsen

Pirat*Innen der Karibik, die zweite. Bedeutete das Zusammentreffen mit der unberechenbaren Piraten-Amazone Lady Darksee für den wilden Einzelgänger Raven in Band 1 schon Nemesis, knapp gestoppt vorm Rubikon, geht es im geschmiedeten Zweckbündnis mit der schönen Feindin nun in Höllische Gefilde. Der 1970 in Paris geborene Matthieu Lauffray, sozialisiert unter anderem durch die Design-Arbeit an großen französischen Filmprojekten wie Pakt der Wölfe oder Vidocq, bei Valerian und Veronique, sowie als Star Wars-Coverzeichner beim US-Verlag Dark Horse, baut hier einmal mehr auf seinem Genre-Opus Magnum Long John Silver (Szenario: Xavier Dorison) auf, schmeisst die Karibik-Aventiure nun aber in Alleinregie. Das ist zeichnerisch weiterhin auf sehr hohem Niveau, vor allem, wenn der Zeichner die kleinteiligen Panels vor meisterhafte Hintergründe ganz- oder gar doppelseitiger Panoramen stellt. Auch hilft die Dynamik von Lauffrays Strich, die Spannung aufrechtzuerhalten, wenn die reine Erzählung einem Abzählreim unter den Freibeutern auf Schatzsuche landeinwärts folgt. Für den dritten, in Vorbereitung befindlichen Band Furien scheint wohl alles auf ein zweifelsohne zeichnerisch opulentes Finale furioso zwischen den sich wechselseitig abstoßenden und anziehenden Polen Lady Darksee und Raven hinauszulaufen. Es sei denn, Lauffray hat gegen Ende noch einen erzählerischen Trumpf im gebauschten Ärmel... * www.carlsen.de

 TIPP
 

comics 02 22 Marlene DietrichLauffrays Pirat*Innen der Karibik, Teil 2.

Muhammad Ali, Kinshasa 1974

Abbas - Jo Morvan - Rafael Ortiz / Bahoe Books 

Der Titel lässt keinen Zweifel, wohin die Comic-Reise geht. Am 30. Oktober 1974 fand in der Hauptstadt der sogenannten Demokratischen Republik Kongo, der größten Metropolregion des afrikanischen Kontinents, der Boxkampf des Jahrhunderts statt. Der "Rumble in the Jungle", inszeniert vom infamen Box-Promoter Don King (genüsslicher Miami Vice-Cameo als Don Cash) in Kollaboration mit dem noch weit infamöseren kongolesischen Diktator Mobutu Sese Seko Kuku Ngbendu wa Zabanga, ließ bekanntermaßen den entthronten Ex-Cassius Clay Muhammad Ali und den favorisierten Titelinhaber George Foreman aufeinandertreffen. Interessanterweise schaftte es der im Teint dunklere Foreman, durch ungeschicktes Auftreten inklusive Vorführung eines deutschen Schäferhundes, die Massen gegen sich aufzubringen, die fortan seinem Herausforderer mit "Ali bomaye" über das Ende des Fights hinaus den Rücken stärkten... Für Muhammad Ali, Kinshasa 1974 wurden endlich 36 Jahre im Privatarchiv unter Verschluß gehaltene Fotos dem Kampfes vom damals am Ring vorn sitzenden Magnum-Fotojournalisten Abbas veröffentlicht, nun nach einem Szenario des Franzosen Jean-David Morvan mit Zeichnungen des argentinischen Avatar Press-Künstlers Rafael Ortiz kombiniert. Die Mischung aus Fotobericht und Graphic Novel funktioniert: "gritty, action-packed hybrid work of photography and comics art ... lands plenty of punches", urteilte etwa Publishers Weekly. Nun liegt das trefferlandende Werk auch im deutschsprachigen Bereich, bei Bahoe Books, vor, inklusive eines ausführlichen Reports von Morvan zur bewegten Entstehungsgeschichte des Projekts, für das lange Zeit der argentinische Zeichner Horacio Altuna vorgesehen war. * www.bahoebooks.net * www.abbasphotos.org

 TIPP
 

comic 02 22 muh ali dtsch

Ali - bomaye...Rumble in the Jungle.

bobby fischer

Julian Voloj - Wagner Willian / Knesebeck

Julian Voloj ist als Experte für Comic-Biografien recht gut im Geschäft (u.a. Basquiat oder Oskar Rohr bei Carlsen und Marlene Dietrich bei Knesebeck). Für die Umsetzung der Lebensgeschichte des amerikanischen Schach-Enfant Terrible Bobby Fischer († 2008) arbeitete Voloj erstmals im Team mit dem brasilianischen Illustrator & Künstler Wagner Willian, von dem auch die Kapitel-Trennseiten stammen - besonders schön: Kapitel VIII, S.162 f./S.173) mit Fischer auf einer gigantischen, umgeworfenen Königs-Schachfigur hockend). Eine interessante Paarung: Willian merkt man hier an, dass er das strenge, schwarz-weiße Drehbuch Volojs (durchaus nachvollziehbar bei dieser nun mal auf 64 Feldern gründenden `Schachnovelle´) gern öfter für Exkurse wie Fischers Verschwörungs-Theorien (S. 128ff.) im Stil einer 60s-TV-Animationsserie oder die inneren Dialoge, veranschaulicht über "sprechende" Fernstraßen-Werbebillboards (S.138f.), verlassen hätte. Das Leben Fischers, vom Wunderkind zum Weltmeister & abgedrifteten Sonderling (gerade auch die eher bizarre finale Episode Island) bietet jedenfalls genug Ecken & Kanten für eine eingehendere Beschäftigung mit dem einstmals jüngsten US-Schach-Champion der Historie. Ebenfalls in die Geschichte ging Fischer mit dem zähen Fight gegen den 1972 amtierenden Schachweltmeister Boris Spasski ein - ein mit taktischen Psycho-Spielchen und propagandistischem Störfeuer aufgeladenes Cold-War-Prestige-Duell, dass hier auch noch mehr Platz vertragen hätte. Ein abschließendes 12-seitiges Who-is-Who vorkommender Nebenfiguren schadet nicht, um hier personell den Überblick zu behalten. * www.knesebeck-verlag.de

 
 

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Kalter Krieg auf dem Schachbrett.



Schöne Neue Welt

nach Aldous Huxley - Fred Fordham / Knesebeck

Die wohl bekannteste dystopische Erzählung nach George Orwells 1984: Aldous Huxleys 1932 entstandene Zukunftsvision. Dessen Schöne Neue Welt ist im Jahr 632 nach Henry Ford angesiedelt, wo es der Menschheit immerhin gelungen ist, eine Gesellschaft ohne Krankheit, Krieg, Armut und Alter hinzubekommen. Der Preis:  extreme Gefühle nebst ansatzweise kritischen Gedanken werden mit Hilfe der Glückseligkeits-Droge Soma ausgefiltert. Da kann die Leserin natürlich trefflich Parallelen zur realen Moderne und besonders zum aktuellen, surrealen Zustand der Welt ziehen. Technologiegetriebene Überwachung & Gleichschaltung durch Konsum sind in den letzten fast 100 Jahren jedenfalls kaum geringer geworden. Dass Huxley sich zudem nicht klar auf eine der beiden sich unversöhnlich gegenüberstehenden Seiten (durch Psychopharmaka glücklich-gestellte konforme Bevölkerung vs. triebgesteuerte `Wilde´) schlug, macht den nicht unkomplizierten, vielschichtigen Stoff auch im Lichte der Covid-Impfkontroversen interessant. Fred Fordhams (*1985) vorliegende 234-seitige, minutiöse und überraschend pastellbunte Umsetzung als Graphic Novel (Übernahme von HarperCollins, N.Y.) jedenfalls hatte Plazet und Unterstützung des Huxley Estate. Der 30-something-Comic-Künstler aus London reüssierte ja unlängst erst - auch an dieser Stelle - mit seiner Adaption von Wer die Nachtigall stört (Rotfuchs). * www.knesebeck-verlag.de

 TIPP
 

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Alles so schön bunt hier.


 das Phantom der oper

Cavan Scott - José Maria Beroy nach Andew Lloyd Webber / Panini

Das Phantom der Oper - "die Graphic Novel zum Erfolgsmusical"? Warum nicht? Richtete sich die gleichnamige, 2014 bei Knesebeck auf deutsch erschienene Comic-Umsetzung von Christophe Gaultier doch recht genau nach der Romanvorlage von Gaston Leroux. Die vorliegende Neufassung des Star Wars- & Doctor Who-erfahrenen Cavan Scott aus Bristol, weitgehend auf Grundlage des Originall-Librettos, dagegen zielt explizit auf Interessenten, die Andrew Lloyd Webbers Bühnenstoff bereits aus dem Musiktheater kennen: Notenschlüssel in den Sprechblasen markieren die gesungenen Textpassagen! Die Zeichnungen & die Kolorierung stammen vom Spanier José Maria Beroy (u.a. Dark Horse, DC, with a little help from Carles Esquembre). Bekanntermaßen geht in der Pariser Oper um 1905 gar Unheimliches vor sich - tief in die Katakomben zurückgezogen haust hier das entstellte Phantom, das mit allen Mitteln um die Liebe der jungen Sängerin Christine Daaé  kämpft. Zu spoilern, an welcher Stelle hier der Kronleuchter ins Publikum rauscht, geht schon deswegen nicht, weil die Seiten des Harcover-Bandes nicht numeriert sind. Die geneigte Schnittmengen-Zielgruppe aus Musical- und Graphic Novel-Fans wird auch das 12-seitige Bonusmaterial goutieren: Beroys Charakterentwürfe, zwei Beispiele zur Entstehung vom Libretto bis zur fertig kolorierten Seite und ein abschließender Text zur (nicht eben unkomplizierten) Geschichte des Dauerbrenner-Stoffs von Theaterkritiker Scott Matthewman (http://matthewman.net) - Deutsche Übersetzung insgesamt: Michael Kunze. * www.paninicomics.de

 
 

comic 02 22 phantom oper 1Phantom of the Opera inside my mind...

Noir Burlesque

Enrico Marini / Carlsen

Der Italo-Schweizer Enrico Marini (* 1969) arbeitete im Lauf seiner seit den 90ern andauernden Comic-Karriere schon mit bekannten Textern wie Thierry Smolderen oder Stephen Desberg, steht aber mittlerweile für dichte, von ihm als Autor und Zeichner verantwortete Graphic Novel-Projekte. Marini dürfte manchen von seinem Batman-Doppel Der dunkle Prinz, anderen auch durch das mehrbändige, antike Epos Die Adler Roms ein Begriff sein. Auf ein Genre festgelegt ist er offensichtlich nicht, gemeinsam sind seinen Werken jedoch unbestritten cinematische Qualitäten. Die finden sich auch in dem aktuell bei Carlsen erschienenen Zweiteiler Noir Burlesque mit dem Marini die klassische Schwarze Serie der 40er & 50er Jahre aufleben lässt. Sein Drehbuch aus dem New York der Fifties ist eine Dreiecksgeschichte um die schöne `Varietease´-Künstlerin Caprice, Gangsterboss Rex McKinty und den Ex-Boxer & Kriegsveteranen Terry B. Cole aka Slick, letzterer variiert den genretypischen Detektivpart à la Humphrey Bogart (oder James Cagney, der auch im Text zitiert wird). Das vehemente Rot, dass an entscheidenden Stellen das unterhaltsame Licht- und Schattenspiel der Grautöne ergänzt, macht diese Noir Burlesque zu einem weiteren Marini-Highlight. Der zweite Band ist fürs Jahresende angekündigt - bei Dargaud in Frankreich... * www.carlsen.de * Enrico Marini ist zu Gast beim Comic Salon Erlangen und wird bei Carlsen siginieren. Außerdem: Künstlergespräch Sa.,18.6. , Kollegienhaus

TIPP

Enrico Marini: Noir Burlesque

Hardcover 1 von 2: schwarze Miniserie.

Akissi - Magische Mixtur

Marguerite Abouet - Mathieu Sapin / Reprodukt

Aya-Schöpferin Marguerite Abouet hat bis zum 12. Lebensjahr in der Elfenbeinküste gelebt. Mit Illustrator Mathieu Sapin ist sie mittlerweile auch in deutsch(sprachig)en Landen bei Band 3 ihrer beliebten afrikanischen Vorstadtgeschichten angekommen. Als Ableger der einst für ihre große Schwester geschaffenen "Bilderwelt" von Clément Oubrerie, an die sich Nachfolger Sapin genussvoll anlehnt (dieser Hinweis findet sich eingangs jedes Akissi-Bandes), funktioniert die bekanntermaßen in Abidjan angesiedelte Magische Mixtur weiterhin. Akissi nervt ihren Bruder und ihre Mama, wird vom Marabou mit einem scheußlichen (Ent-)Zaubertrank gepeinigt, jagt dennoch dessen Rat folgend den potentiell wundertätigen Exkrementen des Monsters Tschatschatonga hinterher und spuckt sich optisch unterversorgte Mitmenschen schön. Gelegentlich scheint die Fabulierkunst mit der Autorin durchzugehen, doch ist dies eben von der gleichen Verrückheit, wie die sich stetig ändernden Anansi-Spinnengott-Mythen Westafrikas. Meist gelingt die Gratwanderung zwischen westlichen Klischees über den Kontinent und authentischen ivorischen Settings. Abouets kindgerechte Phantasie macht es etwa auch möglich, dass ein einbeiniges Mädchen einen Ballettwettbewerb gewinnt - Inklusion und Spaß dabei. Und der geht auch auch deutsch weiter: Für den November ist bei Reprodukt der vierte Band der "Königin der Nervensägen" avisiert...

* www.reprodukt.com * Band 1 * Band 2 *

comics 02 22 Marlene Dietrich

...stinkt, knallt und ist bunt. Ab 6 Jahre.

american vampire 1976

Scott Snyder - Rafael Albuquerque - DC Black Label / Panini

Zuguterletzt seien Unwissende der Umtriebe von Scott Snyder & Rafael Albuquerque noch darauf hingewiesen, dass der bei DCs Black Label eingeleitete letzte American Vampire-Tanz natürlich auch auf deutsch bei Panini vorliegt. Die limitierte Vorzugsausgabe (s. oben in der Slideshow) dürfte weitgehend vergriffen sein, aber auch die leuchtend-blutrote, Ottonormal-Comic-Leser*in zugedachte Version des "letzten Gefechts um die Seele Amerikas" kann sich sehen lassen. 2010 von Snyder noch mit American Bestseller Stephen King gemeinsam aufgelegt, Eisner-Award dekoriert und später with a little help from Albuquerque fortgeführt, biss man sich seither in untoter Regelmäßigkeit durch die großen Abschnitte der amerikanischen Geschichte. Der abschließende Band lässt nebenbei durchsickern, dass bereits George Washington sich eines blitzenden Gebisses aus Kuh- & Pferdezähnen bediente. Um in der Hauptsache Skinner Sweet und Pearl Jones Anno 1976 aufeinandertreffen zu lassen. Die Antiheld*innen beharken sich über 10 Kapitel eifrig mit ihrer Entourage (diverse Karpater, Dedi, Urbarra, Ji, Huron, Mimiteh - you name it) und steuern im Finale einen Jumbo Jet ins Große Böse - alles vor dem Hintergrund eines eh bereits porösen Amerika voller "Misstrauen und Paranoia". Rückschlüsse vom (all-)gegenwärtigen Horror-Revival auf den Zustand des wilden Westens und der sonstigen Welt zu ziehen, bleibt den LeserInnen überlassen... wie heisst es so schön in der Mitte des ohne numerierte Seiten auskommenden Bandes? "Amerika und das Tier sind wie füreinander gemacht." * www.paninicomics.de * Band 4 Anno 2013 *

 

comicz 02 22 monroe ein hollywoodmaerchen

"Beiss dieses Land in den Hals!"

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