Ridley Scotts Napoleon erobert die Leinwände - D-Kinostart 23.11.

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Apple Films / Columbia / Sony Pictures - D-Kinostart 23.11.23 - Video on demand 09.01.24 - Streaming tba Apple+

Der Kaiser: Wie gemalt. Anno 1804,Notre Dame - erst sich selbst, dann seine Kaiserin ge- und bekrönt, in einzigartiger Machtinszenierung.

Der Liebhaber: mechanisches Gerammel (2mal), kindlich übermütiges Tollen unterm Tisch, manisches Briefeschreiben & bekleidetes Tête-à-Tête bleiben kinderlos. Josephine musste der Staatsraison weichen.

* Trailer * Film-Website * Ridley Scott Interview * Auf N.´s Spuren *

Der Rückkehrer. Retour aus dem Elba-Exil küsst Napoleon den Strand.

 TIPP

Großes Kino war von Ridley Scotts Napoleon-Verfilmung zu erwarten - historische Akuratesse eher nicht. Der Historiker Thomas Schuler (Auf Napoleons Spuren) sprach spontan von 50-60 faktischen Fehlern, ohne es bei Petitessen wie falsch aufgehängten Trikoloren zu belassen.

Scott bedient sich der reichen, aus einer Unzahl von Quellen gespeisten Historie insoweit, als sie seiner filmischen Dramaturgie dient. Das Drehbuch von David Scarpa (Alles Geld der Welt) wurde allerdings noch auf Zuruf des in fast jeder Szene präsenten Hauptdarstellers Joaquin Phoenix hin angepasst - letztlich wird nun weniger aus weiblicher Sicht erzählt. Interessanterweise wurde die zunächst als Joséphine besetzte Jodie Comer (The Last Duel) durch Vanessa Kirby ersetzt. Im Liebesgerangel mit der selbstbewussten Dame de Beauharnais muss der eifersüchtige Bonaparte manche Schlappe hinnehmen, u.a. wird gar eine Affäre mit seinem Gegner, dem russischen Zaren Alexander angedeutet.

Von Napoleons sonstigen Mitstreitern & Gegnern, die der wenig diplomatische Ehrgeizling selten als ebenbürtig ansieht und sie je nach Stimmungslage umgarnt, brüskiert oder demütigt, gewinnt hier nur sein Bezwinger bei Waterloo, der Duke of Wellington (Rupert Everett) Konturen. Der Aristokrat bemängelt zwar Bonapartes schlechte Manieren, verbietet aber seinen Scharfschützen bei Todesstrafe, den Kaiser hinter den Linien schnöde abzuknallen.

Der Stratege - das siegreiche Aufreiben fliehender österreichisch-russischer Truppen im Sumpfgebiet von Austerlitz 1805 wird hier in Zeitlupe zelebriert, beim napoleonischen `Finale´ von Waterloo 1815 widerstehen Wellington & das Wetter lange genug, bis doch noch `die Preußen kommen´.

Ganz in seinem Element ist Regisseur Scott, wenn er ähnliche Statistenmassen wie weiland Napoleon in den Kampf schicken darf - die opulenten Schlachtszenen, in denen dankenswerterweise Gewaltexzesse meist durch schnelle Schnitte entschärft werden, sind state of the art. Schon bei der anfangs inszenierten Eroberung der Hafenfestung von Toulon (1793) bleibt Betrachtern der Mund offen stehen, wenn Napoleons sich in der Attacke aufbäumendes Pferd unter ihm von einem Mörser zerfetzt wird. Später greift er in den Kadaver, um die Kugel einem Adjudanten für seine Mutter zu übergeben. Im Abspann laufen die Zahlen in den Napoleonischen Kriegen gefallener Soldaten (keiner Zivilisten)...

Noch mehr Hauen & Stechen dürfte irgendwann der bemunkelte Directors Cut mit mehr als einer zusätzlichen Stunde Laufzeit beinhalten. Ob dieser oder doch Steven Spielbergs auf Stanley Kubricks Spuren bereits vor Jahren parallel angegangene Serie über Bonaparte das nächste Kapitel aufschlagen darf? Der Mythos Napoleon fasziniert die (Film-)Welt weiter.