Blutige Sandalen. Große Fußstapfen: Gladiator II vs. Caligula

• Panem et circenses - Sandalen-Kino now & then. Nach der kolossalen Streaming-Serie Those About To Die nun gleich zwei Kinostarts mit römisch-antikem Setting.

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  1. GLADIATOR II -
• Nach über zwanzig Jahren das ersehnte Sequel zu Ridley Scotts kommerziell erfolgreichstem Film. * Trailer * Film-Website *
• 2. CALIGULA - THE ULTIMATE CUT

•  Eine neue Schnittfassung rehablilitiert den kruden 1979´er Skandalfilm von Tinto Brass - teilweise. * Trailer * Tiberius-Site *

Der kommerziell aussichtsreichste Filmstart der Saison reichte nicht aus - Paramount machte seinen deutsche Verleih-Dependance dicht, noch bevor Ridley Scotts Gladiator II diese Woche uns ins Kino drängte. Die hochgekochten Erwartungen dürfte das in Marokko, im UK & auf Malta gedrehte 300-Millionen-Sequel zum Oscargewinner von 2000 - jüngst im (ebenfalls von der Schließung bedrohten) 3sat-Programm - eher in Sachen Box Office (zum Start die Nr.1) als in filmischer Hinsicht erfüllen.

Am Cast liegt es kaum: Paul Mescal schlägt sich (im Wortsinne) als Gladiatoren-Nachwuchs Lucius/Hanno ordentlich, bringt aber nicht das Charisma des Mittdreißigers Russell Crowe auf die Leinwand. Connie Nielsen ist immer noch eine wunderschöne, edle Lucilla, bekommt aber wenig gute Szenen, der zweite vom Originalfilm verbliebene Darsteller Derek Jacobi als Senator Gracchus hat diesmal nur eine sehr kleine Rolle auszufüllen. Beide enden tragischerweise, wie auch Pedro Pascal als aufrechter Tribun Justus Acacius, als Verbündete gegen die Willkürherrschaft des angemessen dekadent-durchgeknallten Kaiser-Duos Geta (Joseph Quinn) & Caracalla (Fred Hechinger) im blutgetränkten Sand von Roms Kolosseum...

Für deren aller Tod im Laufe des Filmes verantwortlich ist der Sklaven- & Gladiatoren-Dealer Macrinus. Ein alle Register ziehender Denzel Washington macht die Performances von Joaquin Phoenix & Oliver Reed im Vorgänger zwar nicht vergessen, hat aber als Elemente dieser beiden wichtigen Rollen im Original auf sich vereindender Oberschurke diesmal den memorabelsten Part des Films - der (immerhin im Showdown obsiegende) Held Lucius ist in dieser Hinsicht nur zweiter Sieger.

Für Unterhaltung während der 148 kolossalen Minuten ist zwar reichlich gesorgt, doch nicht nur im positiven Sinne. Nach dem animierten Vorspann sind die Zuschauer (ein wenig zu lang) Zeuge, wie Hanno im Exil mit den Händen durch seine Kornernte fährt - eine Klammer zu den über die Ähren streichenden Händen von Maximus aus dem Original. Die folgende Attacke auf die numidische Hafenfestung kann es als größte Schlacht des Films trotz viel (CGI-)Aufwand weder mit der ikonischen Wald-Bataille von 2000, noch mit den spektakulären Schlachtszenen von Scotts eigener Napoleon-Inszenierung oder der Intensität des Schlagabtauschs von The Last Duel aufnehmen.

Gladiator II will nonstop überwältigen, schafft das aber aufgrund seiner erstaunlichen handwerklichen Mängel nicht und fällt sowohl gegenüber dem immer wieder mit Mini-Sequenzen zitierten Vorgänger als auch im Vergleich mit den beiden erwähnten Historien-Epen ab (der zwischendurch verunglückte House of Gucci ist hier außen vor).

Das deutsche Kinoplakat und ...

Daumen hoch für die interessanteren Main Cast - Character - Poster.

Let us entertain you: Für die Seeschlacht geflutet: das Kolosseum.

Auf historische Akkuratesse legte auch schon das Original nur überschaubaren Wert - das Sequel begnügt sich ebenfalls im Wesentlichen mit dem Ausborgen einzelner historischer Figuren. Wenn allerdings in den Katakomben des antiken Kolosseum deutlich eine englische(!) Inschrift zu lesen ist, traut man seinen Augen kaum. Auch die magere Qualität der CGI-generierten Affenzombies(!), eines Riesennashorns oder der Haie(!) in der gefluteten Arena (s.o.) erstaunt bei einem Hollywood-Projekt dieser Größenordnung.

Der Autor sah Tinto Brass´ 79er Skandalfilm einst nächtens während der frühen 80er im Club-Kino einer Kreuzberger Diskothek - eine Vorankündigung erinnere ich nicht. Kein Wunder, denn Caligula stand ab 1982 (hierzulande noch bis 2018) auf dem Index - vorrangig wegen einiger damals durch Penthouse-Herausgeber Bob Guccione vogelwild in den Film geschnittenen pornographischen Szenen.

Was davon nicht der Handlung von Gore Vidals Originaldrehbuch diente, wurde für den im Vorfeld der Heimkinoauswertung auch wieder auf der großen Leinwand zu sehenden Ultimate Cut entfernt. Dafür kam einiges erst kürzlich wiederentdecktes Material hinzu, was die jetzt vorliegende 4K-Fassung sogar auf fast drei Stunden verlängert. Während dieser sind fraglos achtbare Leistungen zu betrachten, etwa von Malcolm McDowell als Caligula und Helen Mirren als Caesonia oder John Gielgud und Peter O´Toole in den wichtigen Nebenrolle als Nerva und Tiberius.

Caligula zwingt die Frauen seiner Senatoren zur Prostitution oder nimmt seine erwachsenere Schwester Drusilla (Teresa Ann Savoy) zur Geliebten, doch auch die kann den sadistischen Narzissten nicht mäßigen, bekommt Caesonia als neue Favoritin vor die Nase gesetzt und vergeht.

Der trotz Zensur erhebliche Längen aufweisende Film-Torso wurde zum ursprünglichen 80er-Kinostart weltweit zu Recht verrissen, teils gar zum schlechtesten Film aller Zeiten erklärt. Was ein Pasolini oder ein John Huston (letzterem wurde die Filmregie zuzeiten sogar angetragen) wohl aus Drehbuch & Cast herausgeholt hätte, oder welchen Beitrag die früh vom Set geflohene Maria Schneider (Der letzte Tango von Paris) hätte leisten können, bleibt leider ungeklärt. Wer aber Lust auf weitere Anekdoten von den Dreharbeiten & unterhaltsam präsentiertes Nerdwissen hat, dem sei Collin Friesens englischsprachiger - Podcast Caligula: Package of Excellence empfohlen, u.a. mit Malcolm McDowell im Interview.