Reviews 9-11 Crossover

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 Ricardo Villalobos& Max Loderbauer - Re: ECM
 
 ECM / Phonag
 
 

Der in Berlin ansässige chilenische DJ/Produzent Ricardo Villalobos und sein Partner Max Loderbauer nähern sich auf diesem Album Aufnahmen aus dem ECM-Katalog über ein Livemischpultsystem und modulare Synthesizer an. Unter den gesampleten Künstlern sind u.a.: John Abercrombie, Louis Sclavis, Miroslav Vitous, Paul Motian Enrico Rava oder Arvo Pärt. Die Begegnung mit Pärts Musik brachte Villalobos dazu, sich näher für das ECM-Repertoire zu interessieren. Auf Einzelspuren konnte bei diesem großangelegten Ambient-Experiment zwar nicht zugegriffen werden, im Ergebnis stellen die Remixe dennoch ganz neue, experimentelle Soundflächen dar: "sound structures based on ECM recordings". Manfred Eicher selbst beaufsichtigte das Mastering der Aufnahmen, die live erstmalig im Juli, im Berliner Berghain präsentiert wurden.
 


 
 
 Beatles For Orchestra
 
 Carl Davis & Royal Philharmonic Orchestra -Threefold Records / Codaex
 
 

Als im Amerikaner, aber seit 1960 in England lebender, erklärtermaßen anglophiler `Liverpudlian´ war es Carl Davis, dem verdienten Stummfilm-Arrangeur & Direigenten, schon länger ein Anliegen, auch das Werk der Beatles für Orchester zu arrangieren. Da kam Davis eine ebenso zufällige wie unglaubliche Bemerkung von Sandra Parr, ihres Zeichens Konzertmanager des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra recht: Das Orchester aus der Stadt am Mersey River hatte nichts im Repertoire, wenn sie nach Stücken der Fab Four gefragt wurden. Davis half dem ab und dirigierte das Ganze bei Gelegenheit auch. Interessanterweise wurde die auch vorkommende Rhythmussektion plus Gitarrenparts in den Abbey Road Studions aufgenommen, bevor das Orchester dazukam. Bei solchem Aufwand hätte man sich Ergebnis allerdings die eine oder andere überraschende Idee im Arrangement gewünscht - es klingt ein bissl brav.
 


 
 
 Max Raabe (& Palast Orchester) - Küssen Kann Man Nicht Alleine
 
 Decca / Universal  



War die immer noch aktuelle digital instrumentierte Kollaboration von Max Raabe mit Annette Humpe für "Küssen Kann Man Nicht Alleine" schon ein überraschender musikalischer Glücksfall, so gilt das erst recht für die Fassung mit dem angestammten Palast-Orchester, mit dem Raabe gegenwärtig auch live in der Republik unterwegs ist. Der Vergleich zwischen beiden Fassungen, den nur diese Doppel-CD nun ermöglicht, fällt doch deutlich zugunsten der wärmeren, feineren, von Christoph Israel arrangierten analogen Orchesterversion aus. Raabe ist auf beiden Fassungen in Hochform, singt zeitlos und wohldosiert, weniger maniriert und nostalgisch-parodistisch als in anderem Kontext passend und gewohnt. Heiter - wehmütig - kongenial. Play all tracks. Und dann nochmal: "Küssen Kann Man nicht Alleine".
 
TIPP! & LIVE-TIPP!

 
 
 Schoenberg  
 Simon Rattle & Berliner Philharmoniker - EMI Classics  
 

Die Wartezeit bis zum Filmstart des in Singapur gedrehten 3-D-Konzertfilms "Berliner Philharmoniker - A Musical Journey in 3-D" mag die vorliegende Live-Einspielung von 2009 verkürzen. Arnold Schönbergs Werk spielt in Simon Rattles Arbeit als Dirigent ja schon länger eine besondere Rolle (etwa die Gurrelieder) Der Zwölftöner Schönberg schätzte Brahms überraschenderweise sehr, sah sich sogar in dessen Tradition und orchestrierte das "Klavierquartett Nr.1 in g-moll" zu einem symphonieartigen Orchesterstück um. Ergänzt auf der Cd von Schönbergs "Kammersinfonie Nr. 1 Op. 9B" und einem von Schönberg als "Begleitmusik zu einer Lichtspielszene" konzipierten Stück, einer 9 Minuten langen Rarität von 1929 Dieses Opus Nr. 4 iist ein experimentelles Stück, in dem sich Filmmusik und Expressionismus begegnen. In einem Film wurde es gleichwohl nie verwendet. Insgesamt eine thematisch lohnende und musikalisch stimmige Programmfolge.
 


 
 
 Rolando Villazon - La Strada
 
 Various Artists -Deutsche Grammophon / Universal  
 

Rolando Villazon hörte als Kind bereits Musik in Filmen, bevor er seine Opernkarriere begann. Daher ist "La Strada" auch für den Startenor ein besonderes Album geworden und er zauderte nicht, einen Crossoverschlenker hinzulegen. Es überrascht nicht, dass in Villazóns Hommage an die Filmmusik vor allem generationenübergreifende Evergreens und weltbekannte Filmsongs ihren Platz haben: vom melancholischen "Smile" aus Chaplins Klassiker "Modern Times" über die titelgebende "La Strada" von Fellini und "When You Wish Upon A Star" aus Disneys "Pinocchio" bis zur schwierigen Legrand-Komposition "The Windmills Of Your Mind". Aber Villazon wagt sich auch an Unbekannteres wie ein Stück aus den "Motorcicle Diaries", immerhin auch eine oscarprämierte Musik (mit Latin Background). Nicht alles davon gelingt im neuen Kontext, aber seine Fans werden Villazon auch bei dieser Leinwand-Eskapade folgen.
 


 
 Peter Und Der Wolf / Der Nussknacker
 
 Various Artists - Europa / Sony  
 

Eine für die Europa-Klassiker-Reissue-Serie untypische Folge, bei der mehr die Musik im Mittelpunkt steht. Für "Peter und der Wolf" hält man sich an die Originalübersetzung zu Sergei Prokofieffs Geniestreich für Kinder von 1936. Die Musik hier ist eine solide Aufnahme der Hamburger Symphoniker unter Hans-Jürgen Walter. Der im Stück erheblichen Raum einnehmende Erzähler konnte für diese (gelungene!) Version nur Hans Paetsch heißen. Paetsch nimmt diesen seinen Lebenspart auch auf "B-Seite" mit der Hörspiel-Fassung von Peter Tschaikowskys Nußknacker-Suite nach einem Script von "Bert Brac" & Heikedine Körting ein. Jeder kennt wohl die Ballettfassung, der zusätzliche hier durch Absenken der Musik integrierte Text trotz tadelloser Performance eher unrund.

 

 
 
 Luka Sulic & Stjepan Hauser - 2 Cellos
Milos Karadaglic - Mediterraneo
 
 Sony Masterworks * Deutsche Grammophon / Universal
 
 

Zwei hochglanzpolierte Crossover bzw. Klassik-Expeditionen aus dem altehrwürdigen Hause Deutsche Grammophon.
Die klassisch ausgebildeten kroatischen Beaus Luka Sulic und Stjepan Hauser geben eine wohnzimmertaugliche Version von Apokalyptica zum Besten, meist sorgt eines der Cellos sorgt für die rhythmische Basis, während das andere den melodischen Part übernimmt. Das umarrangierte Pop- & Rock-Repertoire (U2, Michael Jackson, Johnny Cash, Nirvana) von balanciert zuweilen am Kitsch entlang - am besten funktioniert tatsächlich das furiose Duell der beiden zu Michael Jacksons "Smooth Criminal", mit dem die beiden über YouTube bekannt (und von Elton John kurzerhand auf seine Deutschland-Tournee im Juni eingeladen wurden. www.2cellos.com

Der junge Montenegriner Milos Karadaglic gilt (vor allem natürlich seiner Plattenfirma) als der Shooting-Star der klassischen Gitarren-Szene. Nach etwas verblichenen Legenden wie Andrés Segovia oder Pepe Romero kann das Genre eine neue Lichtgstalt gebrauchen. Obwohl Milos im Interview wenig mehr als nette Allgemeinpätze über seine Einflüsse, Motivation, das Album, die Gitarre an sich etc. zu vermitteln weiss und sich bei seinem Debüt „Mediterráneo“ auch sehr bekannte und beliebte (um nicht zu sagen etwas abgewetzte) Stücke wie Spanische Romanze oder Recuerdos de la Alhambra im Programm hat, machen sich andere Werke von Albeniz, Granados und Theodorakis im Background zuweilen nicht schlecht - und toppen derzeit die Klassikcharts im UK. www.milosguitar.com/

 



 
 
 Previous Issue: 6/7 - 2011 © cinesoundz 2011
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