Reviews Crossover 1-12

* soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * x-mas *

 Mike Patton - The Solitude of Prime Numbers
 
 Ipecac / Soulfood  
 
 
Schon die besonders schöne, detailverliebte Digipak-Verpackung - in einem Blatt! - ist ein Ereignis. Genre-Hopper und Tausendsassa Mike Patton, bei Faith No More immer mal wieder als Berserker unterwegs, zeigt sich bei dem einen oder anderen seiner Soloprojekte wie Fantômas, oder Tomahawk, ja bekanntermaßen auch von seiner zarteren Seite. Patton liess sich beim vorliegenden "Alternative Score"-Album vom italienischen Buch-Klassiker von Paolo Giordano und Bruno Genzler und der gleichnamigen Verfilmung "Die Einsamkeit der Primzahlen" inspirieren, bei der er für die heterogene Musik zuständig war.Für den Film galt es, die verschiedenen Zeitebenen im Film – Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter – zu unterstreichen, Pattons Versiertheit in verschieden Genres und Stilen war also gefragt. Dies ist gleichwohl nicht der Soundtrack, sondern Patton hat in sein grün schimmerndes Blatt 16 sparsam-fragile Kompositionen mit fliessenden Übergängen eingepackt, die wie ein (nur zuweilen arg synthetisch klingender) Score wirken. Buch & Film regen zum Nachdenken an - und das muß man wohl auch eine Weile zur Einordnung dieses Werkes. www.primzahlen-derfilm.de/ 

 
 
 William Shatner - Seeking Major Tom
 
 Cleopatra / H´ART TIPP! 
 
 
Ein in jeder Hinsicht unglaubliches (Doppel-) Album. Zum Phänomen Shatner muß wenig vorausgeschickt werden. Die Enterprise-Ikone war bereits für ihre furchtlosen Expeditionen in musikalisch-theatralisches Terrain bekannt. Und je oller je doller - das Angebot der auf "Sci-Fi-Rock" von Tangerine Dream & Hawkwind bis hin zu Nektar & Guru Guru spezialisierten Macher des Cleopatra-Labels irgendein Spacealbum zu machen, konterte Shatner mit dem umfassenden Konzept, dem verselbständigten Bowie-Character Major Tom durch Zeit & Raum zu folgen. Das nun als 2CD und 3LP Set veröffentlichte Ergebnis dürfte Fachleuten & Laien den Mund offen stehen lassen. Shatner & eine aus unterschiedlichen Ecken des Showbiz zusammengesammelte Star-Crew (Sheryl Crow, Bootsy Collins, Ritchie Blackmore, Dave Davies, Lyle Lovett, Steve Miller, Edgar Froese und Peter Frampton sowie diverse Mitglieder von The Strokes, Alice In Chains, Deep Purple, Yes, MC5 u.a.) wagen sich in der Tat in Sphären, die nie zuvor jemand zu betreten wagte. Wenn Shater sich durch intergalaktischen Hymnen von Bowie, Queen, Deep Purple, Elton John, Pink Floyd, Black Sabbath - und, jawoll, Peter Schilling brummelt, sprechsingt und deklamiert, bleibt kein Auge trocken. Einzigartig, und letztendlich nur im Selbstversuch vollständig zu begreifen.. Für mehr Shatner Stoff, u.a. die auch im Booklet bereits beworbene Doku mit den "Captains" der diversen Star Trek-Generationen: www.williamshatner.com/ 

 
 
 Nigel Kennedy - The Four Elements
 
 Sony Classical TIPP
 
 
 
Der phänomenale Geigen-Irrwisch Nigel Kennedy hat das Label gewechselt, sein neues Werk erscheint erstmals auf Sony Classical. "The Four Elements" weckt vom Titel her zunächst Erinnerungen an den bahnbrechenden Erfolg Kennedys mit Vivaldis "Vier Jahreszeiten" von 1989, steht aber musikalisch auf einem ganz anderen Blatt. Ohne sich um Genreschranken groß zu kümmern, hat Kennedy hier mit seinem Orchestra of Life Musik für Violine, Orchester, Band und Gesang aufgenommen. inspiriert ist das Ganze von den Elementen Luft, Erde, Feuer und Wasser, angelegt wie eine Suite - mit Ouvertüre und Finale. Klassik, Jazz, Folk, und (etwas zuviel) Rock wechseln sich ab, Kennedy gelingt es aber, dass wenig davon wirklich aus dem Ruder läuft. Mit Ausnahme einer launigen, durchaus spaßigen Zugabe. Ein monströs begabter Musik-Verrückter, den man einmal live erlebt haben sollte. 

 
 
 Twilight Classics
 
 Various Artists - EMI Classics
 
 
 
Ob es den unsäglichen vierten Teil der Twilight-Saga braucht, um an dieser Cd Gefallen zu finden? Muß man wissen, dass Bella zum "Canon in D" von Pachelbel zum Traualtar schreiten wird? Gibt es ihn, diesen Augenblick, der weder Tag noch Nacht ist und bei dem sich Licht und Dunkelheit vermischen? Diesen Zeitpunkt, in dem scheinbar alles möglich ist und sich Realität und Schatten vereinen? In dem man sich als junges Vampirmodeopfer derart neben Zeit & Raum befindet, in einem Moment, der fasziniert, ängstigt, aber auch die Fantasie beflügelt? So sehr, dass man sich Claude Debussy, Arvo Pärt, Erik Satie, Gabriel Faure, Bach, Michael Nyman Samuel Barber oder das (Tom )Tykwer´sche Score Dreigestirn mit den Kollegen Klimek & Heil anhört, statt sich die Schlockmucke auf dem offiziellen Warner-Soundtrack reinzuziehen? Hoffen wir es mit den Strategen der EMI... 

 
 
 Emmanuel Pamud - Flöten-König
 
 EMI Classics
 
 
 
Friedrich der Große war auch ein bissl Künstler. Als Musiker, Komponist, und natürlich Förderer der musikalischen Opfer und Künste seiner Zeit. Zum 300. Geburtstag vom „Alten Fritz“ (der erst am 24. Januar 2012 ins Haus steht) entdeckt der renommierte Flötist Emmanuel Pahud mit Trevor Pinnock und der Kammerakademie Potsdam schonmal die musikalische Welt des großen "Flötenkönigs" für seine Hörer. Das hier enthaltene Konzert- und Kammermusik-Programm entführt in eine klingende Barockwelt, wie man sie sich am Hofe von Sanssouci vorstellen kann. Pahud ging es darum, "dieses Treiben, die unterschiedlichen Strömungen, musikalischen Ästhetiken und neuen Ansätze hörbar zu machen." Zum Zwecke ist nicht nur Friedericus Rex selbst auf der Doppel-CD als Komponist vertreten, sondern auch sein Lehrer Johann Joachim Quantz, dem Friedrich seine eigene Schwester Anna Amalia und weitere prominente Mitglieder der Hofkapelle – wie Carl Philipp Emanuel Bach. Auch dessen Vater Johann Sebastian musste ja bekanntermaßen beim Ollen Fritz ran – für ein Thema, das der König dem Kontrapunktiker als Hausaufgabe stellte. Das ist doch mal ein Konzeptalbum - Marke Königlich! 

 
 
 Classical 2012
 
 Various Artists - Virgin Classics/ EMI
 
 
 
Wer sich oder die Lieben zum Jahresende noch schnell mit einer kompakten Ladung aktueller Klassik-Stars versorgen möchte, könnte mit dieser Doppel-CD ins Jahr 2012 marschieren. Insgesamt 35 Tracks quer durch alle klassischen Genres (allerdings nur bei einem Label im Repertoire) werden aufgeboten: Zuallererst die Opernstars Anna Netrebko, Jonas Kaufmann, Joyce DiDonato, Véronique Gens, Angela Gheorghiu oder Diana Damrau. Hinzu kommen erfolgreichste Instrumentalisten wie Alison Balsom, das gerade auch an dieser Stelle vorgestellte Quartettt Quatuor Ébène, Alexandre Tharaud, Martha Argerich, David Fray oder das Artemis Quartett, ob renommierte Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Paavo Järvi und Antonio Pappano oder Könner der Alten Musik wie Emmanuelle Haïm, Christina Pluhar, Max Emanuel Cencic, die hier Kompositionen Händel, Vivaldi und Monteverdi zelebrieren - hier drängen sie sich dicht an dicht. 

 
 
 Klassische Musik Für Dummies - Oper Für Dummies
 
 Various Artists - EMI Classcis
 
 
 
Keine Angst vor E-Musik...Mit dem Vorurteil aufzuräumen, klassische Musik sei langweilig, kompliziert und nur etwas für ältere Semester, ist das erklärte Ziel der beiden hier vorgestellten CD-Boxen in der ursprünglich aus dem Computerbuchbereich stammenden "...für Dummies"-Serie, die EMI Classics zum Tonträger-Partner hat. Klarer, für Laien verständlicher Aufbau mit der nötigen Prise Cartoons & Humor, bevor es zu ernst oder gar verbissen wird, soll auch die Texte der Booklets von "Klassik für Dummies" & "Oper für Dummies" auszeichnen. Das funktioniert im Wesentlichen, auch wenn man nicht jeden flapsigen Schlenker des Autorenduos lustig finden muß. David Pogue und Scott Speck bringen den lernbereiten Lesern nicht nur die Musikgeschichte vom Mittelalter bis heute im Schnelldurchlauf in groben Zügen näher, sondern erklären auch jede einzelne Instrumentengruppe im Orchester: von den Blech- bis zu den Holzbläsern, von den Streichern bis zu den Rhythmusinstrumenten. Kurz und knapp, aber informativ wird zusammengefasst, was an Wesentlichem zu Rhythmus, Tonleitern und Intervallen zum theoretischen Grundwissen gehört, den einen oder anderen wird es an den Musikunterricht in der Schule erinnern. Über Inhaltsangaben wichtiger Werke bis zur Knigge-Etikette beim Konzert- oder Opernbesuch reichen die Ausführungen, damit der Leser nicht an der falschen Stelle klatscht und sich als "Dummie" outet. Was die musikalische Seite angeht, werden essentielle Stücke zuhauf aneinandergerreiht, man übernimmt allerdings nicht den Ansatz verschiedener "Erklär mir das Orchester"-Platten - aüf gesprochene Texte wird hier komplett verzichtet. 



 
 
 Shostakovich - New Babylon / Pacifica Quartet - The Soviet Experience Vol.1 Music of the Russian Avantgarde
 
 Various Artists - Naxos - Cedille - Celestial Harmonies / alle: Naxos 
 
 1 - Faszination Russland - gleich dreimal. Zunächst die Musik zum Stummfilm von Grigori Kosinzew und Leonid Trauberg, zwei jungen Mitgliedern der experimentellen Theater-Gruppe FEKS (Die Fabrik der Exzentriker). "Das neue Babylon" war nicht nur Schostakowitschs erster Versuch, einen ganzen Film score zu schreiben, sondern auch die einzige abendfüllende Live-Begleitung zu einem Stummfilm. Das experimentelle und politisch inspirierte Melodram über Gewalt, Revolution und Klasse-Konflikt in Paris während der Kommune von 1871 löste mit seinem ungestümen und vom Maestro teils satirisch angelegten Score einen Skandal aus. Die Referenzen an Offenbach gehen in der mannigfaltigen Wiederholung aber auch mal an die nervliche Substanz. 2 - Und nocheinmal Dmitri Schostakowitsch (und seine Zeitgenossen). DasPacifica Quartet hat eine vierbändige Reihe von audiophilen Studioaufnahmen in Angriff genommen, deren erster Teil Schostakowitschs Streichquartette Nr. 5-8 und von Nikolai Mjaskowski dessen Streichquartett Nr. 13. Von Schostakowitsch ist bekannt, dass er in seinen 15 Streichquartetten intimste Gedanken zur politischen Unterdrückung im Sowjetsystem äußerte - hier bietet sich eine seltene Chance, dem nachzuspüren. www.pacificaquartet.com/new
3 1905-1926: Die künstlerisch, politisch und sozialpolitisch bemerkenswerte Periode des Übergangs vom zaristischen Russland zur stalinistischen Sowjetunion wird in den neuen Aufnahme von Roger Woodward portraitiert: Music of the Russian Avant-Garde (1905-1926). Ihm gelang sogar der Zugang zu sehr seltenen Werken, wie etwa aus den Händen von Lina Prokofieva, Prokofievs Witwe oder aus den Archiven des Polnischen Rundfunks.Drei exquisite Präludien durch den Sohn von Alexander Skrjabin, Julian, der diese kurz vor seinem Tod komponierte (bereits im zarten Alter von elf Jahren) und dass Boris Pasternak - bekannt als Autor von Dr. Schiwago - als Komponist aktiv war, gehören zu den hier gebotenen Überraschungen.
 
 
 
  

 
 Previous Issue: 10/11 - 2011 © cinesoundz 2011
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