Reviews 10-11-10 Electro


* soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

 Aeroplane - We Can´t Fly  
 Eskimo Recordings - Rough Trade

 
 

Remix-Galore (Grace Jones, MGMT, Hercules & Love Affair, Sebastian Tellier etcetera) und entsprechendes Blograuschen, cleveres DJing und Cosmic Disco-Presse-Hype - das Feld für das Debut des italienisch-belgischen Electro-Duos war bereitet. Nun ist Aeroplane bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nur noch der halbe Spaß. Stephen Fasano ist verduftet und Vito De Luca schraubt alleine an seinem cool-uncool-Referenzraster von Bobby Orlando, Flash And The Pan, Human League, Giorgio Moroder, Space oder Alan Parsons weiter. Das lässt Hipster schonmal ratlos zurück, wenn bei "I Don’t Feel" der souligen Lead Vocal-Röhre von Merry Clayton (einst mit Mick Jagger bei "Gimme Shelter" am Mikro) ganz ironiefrei Raum gegeben wird. Und "Point of No Return" mit seinem Vangelis-Waber meets Styx-Gitarrenwall ist tatsächlich ein solcher. De Luca bemüht sich ab jetzt um die Überwindung des langsam ausgereizten Balearic-Trends - und um eine mindestens 21-jährige Sängerin...

 

Anoraak - Wherever The Sun Sets

Naive - Indigo

Nach mehreren halbherzigen Versuchen als Anoraak seit 2002 lässt der lässt der französische Produzent, Sänger und Multiinstrumentalist Frederic Rivieres auf seinem melodieseligen Debütalbum nun deutliche Parallelen zu früheren Indiepop-Kollegen wie Phoenix oder Tahiti 80, zu britischen 90s-Elektropop-Acts wie Jon Marshs The Beloved oder (Neo) Italo Disco (folgerichtig als Gast am Mikro: Sally Shapiro) erkennen. Das mit Folkfee Siobhan Wilson gesungene "Dolphins & Highways" funktioniert ebenfalls. Auch eine gewisse Melancholie ist Programm, Riviere möchte" songs that make you feel good and bad at the same time". 80´s-Feeling ist inklusive. Play Tracks 1-8. www.myspace.com/anoraak

 TIPP!









TIPP!
 
 
 Underworld - Barking  
 Cooking Vinyl / Universal  
 
 
Am aktuellen Underworld-Album werden sich die Geister scheiden. Für die einen hält das Duo Rick Smith und Karl Hyde als letzter großer Elektronik-Act der 90er aus der Leftfield/Orbital/Chemical Brothers-XXL-Rave-Liga noch die Kreativ-Fahne hoch, für andere hat spätestens mit dem mittlerweile sechsten Album der Abstieg in die materialintensive Belanglosigkeit begonnen. Zunächst muß man konstatieren, dass es sich hier zwar im Underworld-Studio in Essex geschriebenes und vorproduziertes Material handelt, das dann aber an andere Künstler von Mark Knight bis Paul van Dyk zur Co-Produktion weitergegeben wurde. Die Verantwortung für das "gepimpte“ (in diversen Versionen bis hin zur Extra DVD mit extra Filmen zur Musik erhältliche) Album wird also auf mehrere Schultern verteilt. Die „Born Slippy“-Zeiten mögen vorbei sein, dennoch hat "Barking" meist melodische und rhythmische Substanz genug, um sich im breiten Spektrum der Behandlungen von Trance bis Dubstep zu behaupten.  
 
 
 Chromeo - Business Casual  
 K7! / Alive  
 
 

Auch 2010 kommt wieder so eine poppige Electrofunk-Laune-Scheibe der Marke Chromeo aus Montreal - auch wenn einige Hipster nun nicht mehr auf den "Fancy Footwork" Vocoder-Dance Express einsteigen wollen. David Macklovitch (aka Dave 1) und Patrick Gemayel (aka P-Thugg) machen zugegebenermaßen wenig anders als bisher, das gefällt nunmal nicht allen Fans von 2007. Produziert hat erneut Philippe Zdar. Hall & Oates, mit denen die beiden inzwischen schon aufgetreten sind, werden auch auf "Business Casual" hofiert. Auf "When The Night Falls" singt Beyoncés kleine Schwester Selonge mit. Danach schwächelt die erfolgreiche jüdisch-arabische Zusammenarbeit, bei nachlassendem Tempo und auf französisch. "J´ai claqué la porte" und "Grow Up" sind Tracks der schwächeren Sorte. Play Tracks 1-6.
www.chromeo.net

 

 


Styrofoam - Disco Synthesizers & Daily Tranquilizers

 

Nettwerk / Soulfood

 
Belgier haben ja derzeit Hochkonjuktur im Indie-Electro Pop. Arne Van Petegems mittlerweile sechstes Album wurde nach einer Zeile aus dem Elvis Costello Klassiker „This Year’s Girls“ betitelt: „those disco synthesizers / those daily tranquilizers“. Und nicht genug der Referenzen, auch wenn in Hollywood’s neu renovierten TTG/WAX Studios musikalisch eher anderer Stoff aufgenommen wurde, als was EC derzeit beschäftigt (see his next album on Pop 12-10). Die Vintage Synthies jubilieren wolkig wie bei den Flock of Seagulls und van Petegem hört sich mehr als einmal nach Howard Jones an. Eine New Order-Gitarre wird auch mal geschrammt. Für die Spätgeborenen wird das dann „zeitloses Elektronikalbum“ genannt. Artwork von der Illustratorin Eva Mouton, die jeden Song visuell übersetzt hat. Interessant noch die Gastmusiker: Schlagzeuger Paul Cook (Sex Pistols), Alan Myers (Devo) und Jim Adkins (Jimmy Eat World). www.myspace.com/styrofoam  
 
 

 
 

Flying Lotus - Pattern & Grid World

 
Warp / Rough Trade  

FLs Warp-Space-Odyssey "Cosmogramma" haben wir leider verpasst, an dieser schmucken EP konnten wir irgendwie nicht vorbei. Das hübsch psychedelisch geratene DigiPak-Artwork des bekannten Designers Theo Ellsworth liegt dem auch erhältlichen Vinyl als Poster bei. Und Flying Lotus, der afroamerikanische DJ und Produzent aus Winnetka in Kalifornien wartet auf diesem ´gar nicht so MIni´-Album EP , zum Beispiel auf "Kill Your Co-Workers" mit mal mehr, mal weniger deutlichen Yellow Magic Orchestra-Referenzen auf. Auf den 7 Tracks auf "Pattern & Grid World" begegnet man daher diversen Synth- & Vocoder-Sounds, Ping-Pong-Electro und maschinellen Experimentalsounds. www.flying-lotus.com
 


Gonjasufi - The Caliph´s Tea Party

 
Warp / Rough Trade

Das Debut des in Las Vegas residierenden Yoga-Lehrers Gonjasufi nahm selbst im Warp-Katalog eine gewisse Sonderstellung ein. Die unter Beteiligung des oben gewürdigten Kollegen Flying Lotus zusammengeschraubte Sufi-Killer-Collage kam im Orignal schon recht pychedelisch daher. Nun also lädt der Wüsten-Kalif zur Teeparty und Insider-Gäste wie Bibio, Jermiah Jae oder Mark Pritchard dürfen Remixe mitbringen. Letzterer hüllt die ursprüngliche Flying-Lotus-Produktion von "Ancestors" gleich in Morricone-Breitwand-Atmosphäre. Das bereits phantasievoll gemischte Ausgangsmaterial sorgt noch für weitere interessanten Soundexkursionen mit cinematischem Einschlag. In der Schlechtwetterzeit mal Zeit dafür nehmen.
 

 

 
 
 F*>k Dance, Let´s Art  
 Various Artists - Cool in The Pool - !K7 / Alive  
 

Das neue !K-7-Label tummelt sich in der amerikanischen Underground-Electronica-Szene. Non-Mainstream-Ästhetik und ein gewisser Avantgarde-Spirit waren die Auswahlkriterium für die vorliegende erste Compilation, die dann auch schon mal bekanntere Acts wie Animal Collective der Crystal Castles erwischen. Referenzen wie Talking Heads oder Throbbing Gristle werden deutlich und auch sonst gibt es In der Folge viel Hörenswertes aus den Lo-Fi-Bedrooms der einst so großen Nation, beispielhaft genannt seien "Fax Shadow" von Toro y Moi oder "Paradise" von den Psychobuildings. Dann mal ab auf Entdeckungsreise.. www.coolinthepool.com/shoprecords.html
Play Tracks 1-3,5, 9-11,15. www.fuckdanceletsart.com

 

TIPP!

 
 
 Royksöpp - Senior  
 Wall of Sound - PIAS / Rough Trade  
 


"Senior" wurde von den Norwegern bereits parallel zum letzten Album "Junior" eingespielt und soll eine Art erwachsener Ergänzung darstellen, siehe das gar lustige Foto auf der R-website. Während auf „Junior“ noch eher extrovertiert mit den Mädels Robyn, Lykke Li und Fever Ray durch die Disco getanzt wurde, beschäftigt sich "Senior" erklärtermaßen mit einer eher introspektiven „Drogenreise“. Svein Berge und Torbjorn Brundtland setzen auf athmosphärische Klangflächen, nicht allzu weit entfernt von unspektakuläreren Air-Stücken und sachten rhthmischen Variationen, je nachdem ob gerade Alkoholnebe, der wankende Cowboy oder wirbelnde Designerdrogen thematisiert werden. Wessen Kopfkino da in Gang und Wallung gerät...Rezensent ist eher enttäuscht. Hier wird für ein (Konzept-) Album eindeutig zuwenig geboten. www.myspace.com/fixednychttp://royksopp.com

 

 

 

Simian Mobile Disco - Simian Mobile Disco Is Fixed

 
Defend Music - Groove Attack  
Den ersten Release in der DJ-Mix Serie der angesagten Party-Reihe "Fixed" (seit 5 Jahren regelmässig im New Yorker Tribeca Grand Hotel) bestreitet das britische Duo James Ford & Jas Shaw. Die loben die Initiatoren als "a beacon of hope in a sea of generic bangers", die Indie-Komponente der Reihe findet bei Ihnen dennoch nicht statt, die beiden haben vornehmlich Techno und diversen House im Programm. Beispielsweise Bam Bams "Where Is Your Child" oder DH Hells Bryan Ferry-Remix, Booka Shade oder Superpitcher. S.M.D. präsentieren ein Set, wie sich wohl ihre zukünftige Präsenz vor Ort vorstellen, im Mix durch kleine Effekte erweitert.  
 
 
 The Big Pink - Tapes  
 !K7 / Alive  
 
 

The Big Pink steht für ja eher für Electro-Rock, ihr Mastermind Milo Cordell bewegt sich für die neue Folge der !K-7-"Tapes"-Serie allerdings in anderen musikalischen Territorien, ähnlich der bereits empfohlenen "F*>k Dance Let´s Art"-Compilation wird eine neue Generation auf elektronische Musik gepolter amerikanischer Musiker beleuchtet. Deren Output wird in den verbliebenen Record Shops der Staaten neuerdings mit Begriffen wie `drag music´, `witch house´ oder `haunted house´, was angesichts der (alb-)traumhaften Stimmungen und sphärisch-verwischten, verhallten bis zerrupften, verfremdeten Vocals nachzuvollziehen ist, angesichts von bpm-Zahlen unterhalb der Hüfte aber auch in die Irre führt. Mit zunehmender Dauer schleppen sich die entschleunigten Klangmosaiken als zähe Soße dahin, die nächtlichen Klänge strapazieren auf "Tapes"-Länge nicht unerheblich. Play Track 3.

 

 

Bugget Out! presents Suck My Deck - Mixed by Friendly Fires

 

Various Artists - !K7 / Alive

 
Ed Macfarlane (Vocals, Bass, synth), Ed Gibson (Gitarre) und Jack Savidge (Drums) von den Friendly Fires haben sich in der letzten Zeit auch jeweils einzeln als DJs im Club-Zirkus bewährt. Die vorliegende Mix-CD bildet eine größere Veranstaltung im Süden Londons ab, den Bugged Out Event im The Coronet. Indie-Rock (Bearde Lady Motorcycle Show) hat seinen Platz, wieder (siehe "F*>k Art...") begegnen uns die Phenomenal Handclap Band (hier im Remix von Munk) oder Aeroplane (siehe oben) mit ihrem Lindstrom & Christabelle-Remix, eher unerheblicher House a la "Lost In The Streets of NYC" (Boris Werner Lost In Malta Remix) als Füller und ja, auch "Din Daa Daa" von George Kranz mag für Spätgeborene einen eigenartigen Reiz haben. Auch selbst mischen die Friendly Fires sich ein: ihre exlusive Kollaboration mit der House-Crew von Azari & III aus Toronto ist dabei. www.friendlyfires-suckmydeck.com  
 
 
 
 Robert Owens - Art  
 Compost / Groove Attack  
 
 

Robert Owens auf dem Weg zum Albumkünstler. Und London meets Munich: Nach den Night Time Stories von 2008 legt Compost mit "Art" gleich eine Doppel-CD nach, einerseits produziert von Larry Heard aka Mr. Fingers und Atjazz, anderseits vom Münchner Newcomer Show-B oder den hauseigenen Beanfield-Veteranen. Das richtige Stichwort, denn schon zu Zeiten von Acid House sorgte der aus Chicago stammende Sänger ja als Teil der legendären Band Fingers Inc. für Furore. Später folgten diverse House-Charts-Hits wie "Tears" oder "I'll Be Your Friend". Für "Art" haben Owens und Heard nun nach gut 20-jähriger Trennung wieder im Studio zusammengearbeitet. Und das öfters recht entschleunigte Ergebnis hat Soul, auch wenn der nicht frei von Wiederholungen ist. www.myspace.com/robertjowens



 






Louie Austen - Last Man Crooning

 
Louie Austen Music / Word&Sound  

Electrocrooner-Veteran Louie Austen startet auf "Last Man..." meist von einem Disco-Soundbed seines Geheim-Produzenten The Bombjack aus, mit fettem Baß, funky Gitarrenlicks und Streicherwölkchen - bei den uptempo tracks ganz ordentlich, aber eben auch sehr konventionell, ohne jegliche Überraschungen. Bei sämtlichen Midetempo-Tracks sackt die Spannungskurve ab. Auf einer zweiten CD ("Electrotaining You") mit dämlichem Cover werden 12 Remixes einer buntgemischten Club-Produzentenriege von Ian Pooley, Phonique, Eric D Clark (Whirlpool Productions) bis hin zu Frittenbude oder Rodion vom Gomma-Label mitgeliefert. Dennoch gerade hier wenig neue Erkenntnisse. Live ist Louie besser. www.louieausten.com 
 

 

 
 
 
 

 Ninja Tune XX - 20 Years Of Beats & Pieces Vol. 1

 
 
Various Artists - Ninja Tune / Rough Trade

Ninja Tune feierten Ende September den 20-jährigen Geburtstag mit einerm limitierten 6-CD-Boxset in der Business-Klasse und zwei Doppel-Cds im Mittelschiff. Für die Rezensenten im Gepäcknetz ist die vorliegende, gleichwohl mit großem Brimborium personalifizierte Geheimsiegel-CD gedacht immerhin mit 18 Tracks ohne Störgeräusche. Das standesbewusste, einst von Coldcut gegründete Londoner Kult-Label kann sich trotz solcher Sperenzchen der Aufmerksamkeit für ihre Jubiläums- Futurspektive" einigermaßen sicher sein, sind doch - auch in der Holzklasse - unveröffentlichte und exklusive Tracks von Bonobo, Diplo, The Cinematic Orchestra, Roots Manuva, Jaga Jazzist u.a. sowie Remixe von Flying Lotus, Micachu und vielen anderen mit von der Partie. Der Künstlerstamm kann sich halt genreübergreifend sehen und hören lassen - insofern: many happy returns. www.ninjatunex.com

 

 




early morning breaks vol.2

 
Various Artists - Peacelounge / Alive
 
Gehörte die erste Compilation der early morning breaks-radioshow für Chillout, Lounge und Deep House beim Sender `planet more music radio´ insgesamt zu den besseren des lätscherten Genres, schockt Unvorbereitete der Plätscher-Trailer an Position 1 hier doch etwas. In der Folge von DJ Mark (planet more music radio) und Peacelounge-Labelchef Christian Arndt zusammengestellte und pünktlich zur kalten Jahreszeit in einen sommerlich-sehnsüchtigen Flausch-Mix gepackte Genreware unterschiedlicher Güteklasse, bebildert mit weißblondiertem Poolpüppchen. Geht und versendet sich immer. PlayTrack 4.
www.planetradio.de www.peacelounge.com
 
 
 
 
Previous Issue: 8/9 - 2010 © cinesoundz 2010
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 (C) cinesoundz 2010