George Orwell Special 2021
Farm der Tiere - Graphic Novel
Odyr nach George Orwell / Panini
Bereit zum Einsatz als Schulbuch. Als jüngstes Beispiel für den Einfluss, den Orwells Titel auf nachfolgende Generationen ausübt(e), hier Links zu den Arbeiten von Xavier Dorison & Félix Delep: Schloss der Tiere 1 * Schloss der Tiere 2 * bei Cinesoundz * Rund 180 Seiten, Hardcover * Panini - Shop - Seite
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Kein Tier darf über andere herrschen - alle Tiere sind gleich", aber eben auch: „Manche Tiere sind gleicher als andere“ … bitteres Fazit der Benachteiligten aus George Orwells grandiosem Roman Farm der Tiere (Originaltitel: Animal Farm). Die dystopische Fabel von 1945, Orwells damalige Abrechnung mit russischer Revolution und Stalins folgender Diktatur, hat tatsächlich wenig von ihrer Aktualität eingebüßt. Diese Farm der Tiere ist eher fabelhaftes Bilderbuch, denn Comic geworden - jedenfalls ein Herzensprojekt bei Panini, wo man mit diesem nach Gustavo Duarte aktuell bereits einen weiteren interessanten Zeichner & Illustrator aus Brasilien präsentiert: Odyr Bernardi. Der hält sich inhaltlich, sowie in Sachen Kapitelaufteilung, relativ strikt an Orwells Abfolge, lässt aber auch kleinere Handlungsstränge (zwecks Straffung) weg und begleitet den Text mit einer Vielzahl kleiner, eher schlicht wirkender Gemälde, die die im Kern todernste Geschichte rein optisch in Kinderbuchnähe rücken. Das könnte polarisieren... Allemal ein Wiederlesen wert, denn auch für Angie´s Farm gilt heute: "Irgendwie schien es, als sei die Farm reicher geworden, ohne die Tiere selbst reicher zu machen." Jedenfalls nicht die meisten. |
Farm der Tiere - Audiobook
Gelesen von Christoph Maria Herbst - nach George Orwell / Random House Audio
Auch die zwei vorliegenden Orwell-Hörbuchproduktionen bei Random House, Farm der Tiere und 1984, basieren auf einer Neu-Übersetzung beider Werke. Die jetzt von Christoph Maria Herbst gelesenen Texte wurden für den dtv-Verlag von Lutz-W. Wolff neu ins Deutsche übertragen. Für die weltberühmte Polit-Fabel aus dem Jahr 1945, Orwells ersten kommerziellen Erfolg, zieht Herbst erwartungsgemäß alle Register, ist Erzählstimme und leiht auch den diversen Tiercharakteren (mit den englischen Namen des Originals) seine Stimme. Die satirisch-bittere Abrechnung mit Stalins Verrat an den Idealen der russischen Revolution wurde zunächst von mehreren britischen Verlagen abgelehnt, da man Stalin, als damals noch Verbündeten im Kampf gegen Hitler nicht verärgern wollte. Für Orwell, zuvor beim Leitmedium BBC im Unfrieden ausgeschieden, war dies kein Maßstab: "Freiheit ist das Recht, den Leuten zu sagen, was sie nicht hören wollen." Dieses Zitat und eine Orwell-Statue stehen heute am Eingang zum Londoner Headquarter des Senders. Dem auf vier Audio-Cds mit fast vier Stunden Gesamtspielzeit verteilten Text vorangestellt ist ein Vorwort des umtriebigen. bulgarischstämmigen deutschen Schriftstellers Ilija Trojanow. |
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Ebenfalls in gleicher Ausstattung: Orwells 1984 (s.u.). |
1984 - Graphic Novel
Jean-Christophe Derrien / Remi Torregrossa nach George Orwell / Knesebeck
Zum ersten: "Krieg ist Frieden", © Ministerium für Wahrheit. Die Propaganda-Maschine läuft und der Große Bruder hat entfernte Ähnlichkeit mit Donald Sutherland. Nach der Orwell-Comic-Bio aus dem Vorjahr nun auch dessen wohl einflussreichstes Werk als Graphic Novel: 1984 (von 1948) beim Verlag aus München. |
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Wie die opulente George Orwell-Comic-Biographie (.s.u.)-Comic-Biographie (.s.u.) ist auch die Graphic Novel zu 1984 bei Knesebeck eine Übernahme aus Frankreich: Szenarist Jean-Christophe Derrien hat sich für den dystopischen Klassiker mit dem Rémi Torregrossa zusammengetan. Der Innenteil ist nicht etwa so strikt in schwarz-weiß-rot gehalten, wie das Cover suggeriert. Über 60 Seiten (fast) einzig in Schwarzweiß in einem an einigen Landmarks erkennbaren London inszeniert, über dem Drohnen kreisen, kommt erst mit dem Frischluft-Rendezvous des subversiven Paares Farbe ins Spiel - und das gleich reichlich (ähnlicher Kunstgriff bei Reinhard Kleist (s.u.). Nach diesem Intermezzo tauchen nur noch kleinere Farbtupfer in einigen wenigen Bildern auf. Denn schließlich gibt es kein Happy-End - spätestens die Ratten im Käfig direkt vor seinem Gesicht brechen den aufbegehrenden Winston endgültig - er sitzt am Ende als desillusionierter Verräter seiner Liebe im Café Kastanienbaum. Die auf Originaltreue setzende Adaption ist solide, aber leider auch relativ erwartbar und daher spannungsarm inszeniert. |
1984 - Audiobook
Gelesen von Christoph Maria Herbst - nach George Orwell / Random House Audio
Auch bei Orwells visionäres Meisterwerk 1984 macht der vielseitige Christoph Maria Herbst seine Sache als Sprecher gut. Ein Marathon, gibt es doch in der ungekürzten Fassung ca. 12 Stunden und 10 Minuten zu bewältigen (hier verteilt auf zwei mp3-CDs). Vor Herbsts Part ist noch ein von Robert Habeck selbst gelesenes Vorwort des frischgebackenen Regierenden (Stellvertreter des Bundeskanzlers sowie Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz), der den 1950 mit nur 46 Jahren verstorbenen George Orwell als "den Analytiker des Totalitarismus" würdigt. Schließlich ist dessen Text aus dem Jahr 1948 heute ja keineswegs verstaubt, sondern brandaktuell - von den Teleschirmen bis zur Gedankenpolizei:"Zynischerweise liefert gerade die Corona-Krise Beispiele en masse, was moderne Überwachung zu leisten vermag" und "Wir erleben, wie das Gift des totalitären Denkens auch in das Fundament der Demokratie einsickert und sie von innen auszuhöhlen droht." Leider keine fake news... Apropos - sogar ein orwell´sches `Ministerium für Wahrheit´ scheint in einigen osteuropäischen Staaten keine allzu abstruse Utopie mehr. Und dass auf Plattformen, wo das Hörbuch offeriert wird, sich schnell Trolle in den Produktbewertungen tummelten, die Habeck (nebst Schlimmerem) bezichtigten, selbst " |
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In gleicher Ausstattung: Farm der Tiere |
1984
Sybille Titeux de la Croix - Amazing Ameziane - nach George Orwell / Splitter
...zum zweiten: "Freiheit ist Sklaverei". Ein massiver Stalin-Schnurrbart lässt beim allgegenwärtig die Belegschaft ausspähenden Großen Bruder von Sybille Titeux de la Croix & Amazing Ameziane kaum Fragen offen. |
TIPP |
Warum sich Knesebeck, wo 2016 Sybille Titeux de la Croix´ & Amazing Amezianes Muhammad Ali-Comic-Biographie erschienen war, wohl ausgerechnet im `Orwell-Jahr´ 2021 die aktuelle Arbeit dieses Dream-Teams haben entgehen lassen? Nun hat man sich eben bei Splitter durch die Übernahme aus dem französischen Sprachraum diese Graphic Novel-Version von 1984 gesichert. Bei den Editions du Rocher aus Monaco war die plakativ-wuchtige Comic-Adaption im Original erschienen, für das gemischte Autoren-Duo eine Herzensangelegenheit und aktuelle Herausforderung, wie Zeichner Amé betont: "Neusprech scheint in einigen Staaten, die sich selbst als demokratisch verstehen, zur offiziellen Sprache geworden zu sein, und das in Friedenszeiten. Deshalb muss man 1984 lesen, in all seinen Aspekten." llustrator Ameziane nimmt sich immer wieder Zeit & Raum für Ein- oder gar Doppelseiter und hält im Rahmen einer den meisten Leser*innen bekannten Geschichte die Spannung dennoch hoch. Durch seine abwechslungsreichen, cinematisch inszenierten Panels bleibt man dran - auch das gelegentliche Zuviel an Text aufseiten von Sybille Titeux glücklicherweise ausgleicht. Mit 220 Seiten für die Geschichte und 10 Seiten Anhang ist der opulente Hardcover-Band dementsprechend großzügig ausgestattet. |
1984 - Roman
Illustriert von Reinhard Kleist - neu übersetzt von Frank Heibert - nach George Orwell / S.Fischer
Auch hier: "Big Brother is watching you" - durch ein extra in den Buchdeckel gestanztes Loch! Übersetzer Frank Heibert & Illustrator Reinhard Kleist machen diese Neu-Ausgabe bei Fischer zu einer ganz besonderen. Die "definitive Ausgabe von 1984 für das 21. Jahrhundert" gab es auch in einer schnell vergriffenen Sonderedition, auf 300 Exemplare limitiert, mit einem von Reinhard Kleist signierten Siebdruck im extra bezogenem Pappschuber. www.fischerverlage.de/buch/george-orwell-1984-9783103900095
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TIPP |
Aus der Vielzahl von Buchausgaben der nun gemeinfreien beiden populärsten Werke Orwells sei diese eine von 1984 ausgewählt. Der Grund, neben Frank Heiberts so mutiger wie wirkungsvoller neuer Übersetzung ins Präsens: die lohnenden Illustrationen der wichtigen deutschen Graphic Novel-Größe, Reinhard Kleist. In der Taschenbuchausgabe stammt lediglich das Cover von ihm, das größere, schwerere Hardcover (über 430 Seiten), lockt zusätzlich mit kleinen Vignetten über jedem Kapitel und mit 16 einseitigen Zeichnungen, meist düster gehalten, immer wieder vom aggressiven Rot der Regime-Propaganda durchzuckt. Eine Ausnahme gibt es, die Liebesszene von Julia und Winston im Freien, als schmerzvoll-kurzer Lichtblick in der dystopischen Tristesse der Diktatur. Der vielfach ausgezeichnete Autor, bekannt durch seine Comic-Biographien Johnny Cash, Fidel Castro oder Nick Cave,hatte zuvor schon die Neuausgabe von Aldous Huxleys: Schöne Neue Welt in ähnlicher Form für den Verlag in Szene gesetzt und schafft es nun erneut, mit expressivem Strich einen Bogen zur heutigen Zeit zu schlagen. Weiter in Planung: Fahrenheit 451 von Ray Bradbury, mit dem Kleist schon Erfahrung hat: 2017 illustrierte er für den Aladdin-Verlag dessen Das Böse kommt auf leisen Sohlen. |
1984
Fido Nesti - nach George Orwell / Ullstein
...und zum dritten: "Unwissen(heit) ist Stärke". Eine weitere Orwell-Adaption - aus einem zunehmend popBrasilien.
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Wie das Panini-Team ist auch der Ullstein-Verlag in Sachen 1984 bei einem brasilianischen Künstler gelandet: Fido Nesti. Eine interessante Wahl, denn Orwells Dystopie über den modernen totalitären Staat erscheint doch gerade im Brasilien der Gegenwart, seit 2019 zunehmend totalitär regiert vom skrupellosen Populisten Jair Messias Bolsonaro, eine immens wichtige Lektüre. Der hierzulande eher unbekannte, in seiner Heimat aber etablierte Illustrator & Comic-Zeichner aus São Paulo, schafft es jedenfalls, trotz einiger Textpassagen von erheblicher Länge, aus dem weltbekannten Stoff auch eine lohnende Graphic Novel zu machen. Hier der Blick in die portugiesische Ausgabe. In den farblich von einer Vielzahl Verläufe zwischen Schwarz, Grau & Rot bestimmten, rund 220 Seiten des vorliegenden Hardcover-Bandes hat Nesti eine nachvollziehbare Bildsprache für die in London angesiedelte, klaustrophobische Realität des anonymen Unrechts- & Überwachungsstaates gefunden. |
George orwell
Pierre Christin - Sébastien Verdier / Knesebeck
Sein Leben in Bildern: George Orwell, geboren 1903 als Eric Arthur Blair in Motihari (Indien), englischer Schriftsteller, Essayist & Journalist, 1921 bis ´27 bei britischen Kolonialpolizei in Birma. www.knesebeck-verlag.de
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TIPP |
Die opulente Hardcover Comic-Biografie zu George Orwell lieferte ein Jahr zuvor bereits der Knesebeck-Verlag: die leuchtend rote deutsche Ausgabe des 2019 bei Dargaud erschienenen Bandes Der 2010 in Erlangen mit dem Max-und-Moritz-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnete Szenarist Pierre Christin (u.a. Ost - West), in seiner politischen Arbeit erklärtermaßen "sehr geprägt" von Orwell, lud neben dem hier so detailreich wie staubtrocken-statisch federführenden Pif Gadget-Kollegen Sébastien Verdier weitere bekannte Zeichner von André Juillard bis Enki Bilal ein, einzelne Werke des visionären 1984-Kultautors als eingestreute farbige Doppelseiten ins Bild zu setzen. Auch Orwells Leben verlief kaum eintönig - er studierte in Eton, ging nach Burma, kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg, war überzeugter Gegner des Stalinismus und schlug sich als Journalist in London durch. Die gelegentlichen, geradezu provokant gesetzten farblichen und stilistischen Brüche im überwiegend schwarz-weiß gehaltenen biografischen Haupt-Erzählstrang wirken mal mehr, mal weniger überzeugend, lockern den zuweilen spröden Band aber etwas auf, der nach 150 Seiten noch um einen Appendix zum Einfluss von Orwell (und Christins Nachwort) ergänzt wird. Ein voluminöses Graphic-Novel-Denkmal für den wichtigen britischen Literaten, mitunter auch fordernd für den Leser. |
alfonz - orwell-special
Alfonz 2/2021 - Edition Alfons - Verlag Volker Hamann
Im ALFONZ 2/2021 aus dem Frühjahr/Frühsommer des Jahres sind drei der 100 Seiten Comic-Geschehen den jüngsten Orwell-Adaptionen aus dem Graphic-Novel-Bereich gewidmet. Das Titelbild entstammt allerdings einem weiteren, nur in Frankreich erschienenen 1984-Comic von Xavier Coste-Comic von Xavier Coste. |
TIPP |
Wer nun noch mehr über die Häufung neuer Orwell-Titel, speziell bei den Graphic Novels, erfahren möchte, dem sei Falk Straubs Artikel Wie viel ist zwei plus zwei? in Volker Hamanns Fachmagazin ALFONZ (Nr. 2/2021) empfohlen. Möglich wird die Vielfalt natürlich, weil die Werke des britischen Schriftstellers in diesem Jahr rechtlich in die Gemeinfreiheit übergehen (70 Jahre nach Tod des Autors Anno 1950). Wie oben gesehen, nutzen gleich diverse Verlage parallel diese Steilvorlage für Neueditionen und Neuübersetzungen. Der reich bebilderte Artikel nennt die meisten der o.g. Titel, skizziert Einflüsse Orwells und zieht Parallelen zwischen dessen Doppeldenk sowie populistischen und anderen fake news der letzten Jahre. Straub weist aber auch auf die hinkenden Pauschalvergleiche Orwell´scher Dystopien wie Farm der Tiere & 1984 mit der komplexen Gegenwart mehr oder weniger kapitalistischer Gesellschaften hin. Sein Fazit: "Falls Orwells zwei populärste Werke und die daraus entstandenen Comics überhaupt etwas zeigen, dann..., wo die Gefahren für die Demokratie lauern." Das Magazin kann weiter über die Verlags-Webseite geordert werden: * www.alfonz.de * www.comic-report.de |