O mia bella Napoli - Sorrentinos Parthenope im Kino

parthenope
Wild Bunch - Alamode - D-Kinostart 10.04.2025
Ganz anders Kardinal Tesorone (Peppe Lanzetta), der das auf der Erkundung aller Aspekte des Menschseins bei ihm - mitten im Haarefärben - aufgeschlagene Objekt der Begierde fragt: "Liebst Du zuviel oder zu wenig?" Eine Frage an uns alle, von diesem hauptberuflich das neapolitanische "Blutwunder von San Gennaro" schmierig administrierenden, geradezu luziferisch anmutenden "als Heiligem verkleideten Dämon" (O-Ton Sorrentino). Die später folgende Sexszene im Kirchenschiff sorgte wenig überraschend im katholischen Italien für erhebliche Kontroversen. "Ein blasphemischer Film. Parthenope verletzt die Gefühle ganz Neapels!" urteilte etwa das Organ der italienischen Bischofskonferenz, Avvenire.
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TIPP
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Wie eine antike Göttin, schaumgeboren entsteigt Parthenope (die famose Debütantin Celeste Dalla Porta) dem Golf von Napoli, im Seventies-Bikini und so betörend, dass ihr junger Gefährte Sandrino (Daniele Rienzo) seine Augen nicht abwenden kann. Drehbuchautor & Regisseur Paolo Sorrentino (The Young Pope, Il Divo und natürlich La Grande Belezza) behandelt in seinem zehnten Film einmal mehr die Schönheit - und damit verbunden die großen Fragen... Begehren und Altern, Liebe und Tod, Kunst und Glauben, alles verpackt in eine Ode an seine Heimatstadt Neapel. Nicht umsonst lässt ein kompletter Achter die Hand vom Ruder, wenn diese Parthenope nur in ein Laken gehüllt von ihrer Terrasse aufs Meer blickt - ist sie doch nach einer der einst Odysseus´ Mannen betörenden Sirenen benannt. Und damit auch nach der Stadtgöttin, seit der Antike dichterisches Synonym für die kampanische Hauptstadt und Namensgeberin der alten Siedlung, aus der Neapolis als Neustadt hervorging. „Parthenope und Neapel - die eine sonnt sich im Glanz ihrer Jugend, die andere ist die theatralischste Stadt der Welt" beschreibt der Filmautor sein Sujet. In der Folge sehen Betrachter wie so oft bei Sorrentino viele opulente, Jugend & Schönheit der Protagonistin zelebrierende Bilder, aber doch keine seichte Altmännerphantasie - mit Daria D´Antonio ist eine Frau für die bestechende Kameraführung zuständig - wie schon beim Napoli-Vorgänger Die Hand Gottes. Auch das nahe Capri spielt wieder eine Rolle, als Schauplatz der Begegnung mit dem von der jungen Frau verehrten amerikanischen Schriftsteller John Cheever, der im mediterranen Ambiente seinem Alkoholismus frönt. Auf der Insel endet auch das sommerliche Liebes-Dreieck zwischen Verehrer Sandrino, Parthenope und ihrem fragilen Bruder Raimondo (Daniele Rienzo) tragisch, der sich im (Gefühls-)Rausch das Leben nimmt. Daran kann die Liebe zu Sandrino nur zerbrechen, zu groß die Schuldgefühle, die Parthenope auf der Suche nach Bestimmung kurzzeitig zu den eher verbittert gealterten Schauspieldiven Greta Cool (Luisa Ranieri) und Flora Malva (Isabella Ferrari) führen. Halt gibt der vielfältig Begabten die Weiterführung ihres Anthropologie-Studiums beim verschlossenen Professor Marotta (Silvio Orlando), der Jahre braucht, bis er seiner Protégée den eigenen geliebten, aber (monströs) beeinträchtigten Sohn vorstellt. Die Schönheit trifft das Biest. In dieser traumartig überspitzten, an Matteo Garrones Märchen aller Märchen erinnernden Gegenüberstellung rauscht die anfangs liebreizende, dann tragische Neapel-Analogie ins Groteske. Und Sorrentino setzt noch einen drauf...
Musik: Trio Tenura - A Gira ♦ Cannes - Clip 1 ♦ Musik: Valerio Piccolo - E si' arrivata pure tu Abschließend noch zu erwähnen: die Filmmusik, für Sorrentino stets "eine Erweiterung meiner visuellen Erzählung", hier bestehend aus Sorrentinos Leib- & Magen-Komponist Lele Marchitellis Score, der mit alten neapolitanischen Liedern und Pop unterschiedlicher Couleur (s.o. plus Gino Paolis Che cosa c'è oder Sinatras My Way) in Dialog tritt. Eine Klangcollage, die keinen schlechten Job beim Versuch macht, das Wesen der Stadt Neapel einzufangen. Die Verwendung von Gassenhauern wie Funiculì, Funiculà, und klassischen Repertoires ist in Sorrentinos Filmen nichts Neues, doch in Parthenope gelingt der Brückenschlag zwischen den Generationen besonders gut. Ein Jammer nur, dass wieder mal auf die Produktion eines ergänzenden Tonträgers verzichtet wurde. |
this page: text © sr- cinesoundz 04-2025 ♦ pics © Wild Bunch / Alamode